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„Tausend Mal Berührt“

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April_Eagle_Wilcox
(@april_eagle_wilcox)
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Titel: „Tausend Mal berührt“

Autor: April_Eagle_Wilcox

Thema: Saber Rider and the Starsheriffs / Seijushi Bismarck

Genre: Sci-Fi / Western / Romance / Drama / 

Alterskennzeichnung: P18

Credits: Alle Charaktere, Orte und Institutionen gehören Studio Pierrot und WEP. Deutscher Lizenzhalter ist der Herausgeber war Anime House. Die Rechte liegen jetzt bei Crunchyroll.

Ich verdiene kein Geld mit dieser Fanfiction.
 
Vielen Dank @Sannyerd als Beta und Unterstützung <3
 
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Kapitel 1:


Tausend Teile



„Meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir beginnen nun mit dem Landeanflug auf das Kavallerie-Oberkommando Hauptquartier in Yuma-City. Bitte schnallen Sie sich an, stellen Sie Ihre Sitze aufrecht und klappen Sie die Tische hoch. In Yuma City erwarten uns strahlender Sonnenschein und angenehme 24 Grad. Bitte bleiben Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit nach der Landung noch so lange angeschnallt sitzen, bis wir unsere endgültige Parkposition erreicht haben und die Anschnallzeichen über Ihnen erloschen sind. Wir bedanken uns herzlich bei Ihnen, dass Sie mit „Ramrod-Airlines“ geflogen sind und hoffen Sie bald wieder auf einem unserer Flüge begrüßen zu dürfen. Wir wünschen Ihnen noch einen wunderschönen Tag“, witzelte Fireball während er die Landung vorbereitete und die Steuerung vom Autopiloten wieder selbst übernahm.

Saber grinste nur und schüttelte den Kopf, als er in seiner Satteleinheit platz nahm, seinen Helm aufsetzte und den Sicherheitsgurt anlegte. Die ausgelassene Stimmung nach erfolgreicher Mission war aber doch auch angebracht. Sie waren mehrere Wochen auf Mission gewesen. Zwar war der Krieg nun schon fast zwei Jahre vorbei und der Outriderplanet zerstört worden, aber überall im Neuen Grenzland waren noch vereinzelt Outridergruppen unterwegs, welche nicht mit dem Planeten untergegangen waren. Und diese Schurken trieben immer mal wieder Unheil. Es wurde zwar deutlich ruhiger, aber noch konnten sich die Star Sheriffs nicht ganz zurücklehnen und mussten immer wieder „aufräumen“ und wurden zu einzelnen Einsätzen wieder zusammengetrommelt, wenn sich der Feind zum Vorschein kam und ein Renegade angriff. 

„Ja! Ich kann es kaum erwarten, wieder nach Yuma zu kommen! Gib Gummi Kumpel!“, antwortete Colt ganz ungeduldig und schnallte sich ebenfalls an. 

„Du willst nur schnell zu deiner Robin kommen…!“, kommentierte Fireball trocken, während Ramrod in die Atmosphäre von Yuma eintrat und dadurch etwas durchgeschüttelt wurde. 

„Tja will ich - dein Service hier oben lässt nämlich ganz schön zu wünschen übrig, werter Mr. Hikari. Heute gabs weder Tomatensaft noch die leckeren Erdnüsschen. Da werd ich zu Hause besser versorgt“, entgegnete der Cowboy direkt. 

„Sorry Cowboy - Du hast Holzklasse gebucht, nicht Business!“, konterte der Rennfahrer schnell. „WAS?! Ich doch nicht!“ kam es sofort protestierend aus der Satteleinheit neben ihm. „Ich bin VIP!“ stellte er schnell klar. 

Auch April musste schmunzeln, die gerade damit beschäftigt war, Fireball den richtigen Korridor zu berechnen und in sein Modul zu übertragen. Aber dennoch ging ihr das Geplänkel ihrer Kollegen ins Ohr. Sie war ganz froh darüber, dass es während der Arbeit so weit funktionierte und sie nicht groß Zeit hatte, an Privates zu denken, denn das war aktuell alles andere als leicht. 

Nachts, wenn sie alle zur Ruhe kamen, war es da schon anders. Wie dankbar war der weibliche Star Sheriff, da ein Einzelzimmer zu haben. 

Vor etwa 8 Monaten hatten sich April und Fireball getrennt. Eher unschön - und das hing beiden auch noch nach. 

Seit sie wieder einberufen wurden, versuchten beide professionell ihrer Arbeit nachzugehen, aber das war nicht immer leicht. Vor allem die ersten Wochen waren verdammt hart gewesen. Auch für Colt und Saber nicht immer.

Aber sie mussten im Einsatz funktionieren! Es ging hier um Leben und Tod. Für sich selbst, für das Team und für die Einwohner im Neuen Grenzland, die sich auf sie verließen. 

Eigentlich hatte April gehofft, ihren Ex nicht mehr so schnell wiedersehen zu müssen. Es hatte gereicht, dass er ihr immer mal wieder in den Medien begegnet war, da der Pilot zurück zum Rennzirkus gegangen war und die junge Wissenschaftlerin ihre eigene Karriere etwas auf Eis gelegt hatte, um ihren Freund dabei zu unterstützen. Daher hatte sie der erneute Einberufungsbefehl hart getroffen. Wie sollte es nur funktionieren, ihm wieder gegenüber zu stehen und dann auch noch Hand in Hand arbeiten zu müssen? Sie wusste es nicht. 

Aber da sie alle einen Schwur abgelegt hatten, das Neue Grenzland zu verteidigen und somit auch Colt und Fireball zu den Reservisten zählten, die im Notfall einrücken mussten, trafen sie schneller aufeinander als ihnen beiden lieb war. 

Aber nun kam Yuma immer näher und aktuell waren Ihnen keine weiteren Outrider-Sichtungen gemeldet worden. Commander Eagle hatte den Befehl gegeben, dass sie auf direktem Weg zum Oberkommando kommen sollten. Hoffentlich wurden sie wieder freigestellt, wenn auch nur für eine gewisse Zeit. April war der eigentlich doch so große Ramrod, diesmal gefühlt sehr viel kleiner vorgekommen und sie war froh, hier bald rauszukommen. Vermutlich ging es Fireball da nicht anders. 

Endlich - sie landeten. Fireball setzte den Friedenswächter sanft auf und steuerte ihn dann in Richtung seiner Parkposition. „Feierabend Leute!“ streckte sich Colt und gähnte lauthals.

„Nicht ganz mein Freund. Wir sollen noch zu Eagle!“, erklärte Saber, während sich auch Fireball und April aus ihren Sitzen erhoben. 

„Oh ha - hat man hier nicht mal Zeit zum Duschen und Umziehen?!“, grummelte Fireball etwas vor sich hin.

„Daddy wird schon einen Grund haben - vielleicht ist es etwas Wichtiges“, erwiderte April direkt, als sich ihre Blicke trafen. Sofort wandte die junge Französin den Kopf, um den Rennfahrer nicht weiter ansehen zu müssen. „Ist ja schon gut!“, motzte dieser und tat es ihr gleich.

Saber seufzte nur und sah zu seinem Scharfschützen, der ebenfalls überfordert war und nur mit den Schultern zuckte. Auch er stand zwischen den Stühlen.

Der Schotte war froh, dass die Beiden sich die letzten Wochen wirklich am Riemen gerissen und die Mission und das Team nicht in Gefahr gebracht hatten. Das musste er wirklich anerkennen. Aber die Stimmung war deutlich anders als früher und es lag fast permanent eine Spannung in der Luft. Das war genau das, was er immer befürchtet hatte, als sich zwischen seinem Piloten und seiner Navigatorin Gefühle entwickelten. Ihm wurde wieder bewusst, warum es nicht gern gesehen war, wenn innerhalb eines Teams eine Beziehung entstand.

Auch er würde drei Kreuze machen, wenn dieser Tag geschafft war und er zu seiner Verlobten Sincia konnte. Aber auch hier stand noch Arbeit an. Die Hochzeit der beiden stand in zwei Monaten an und es musste noch einiges fertig organisiert und geplant werden. 

Saber versuchte die Situation zu nutzen. „Komm schon Fire - je schneller wir bei Eagle waren, um so schneller gibt's Feierabend und die ersehnte Dusche!“, klopfte er dem Japaner auf die Schulter und zog ihn sanft mit sich. „Ja, du hast ja Recht, Boss!", musste dieser zugestehen und ging mit seinem Anführer in Richtung Rampe. Colt und April folgten den Beiden. 

Auf dem Weg über den Flugplatz ins Hauptgebäude und Richtung der Aufzüge lockerte sich die Stimmung der Vier doch etwas. „Robin hat mir vorgestern noch geschrieben, dass ihr Brautjungfernkleid angekommen ist. Du wirst stauen Cowboy“, lächelte April Colt vielsagend an. „Was! Dir hat sie es gezeigt und mir nicht?!“, schob er die Unterlippe etwas vor. „Wir waren doch zusammen shoppen!“, erinnerte sie ihren Kollegen, dem es dann auch wieder einfiel. „Ja, ich wurde verschont!“. Er war immer noch erleichtert. Da war es mit einem Männeranzug schon einfacher. Aber dafür schmückten die hübschen Ladies, auch jedes Fest musste er gestehen.

„Ich hab gestern ein paar Mal versucht sie zu erreichen - scheinbar schwer beschäftigt mein Weibi“, erzählte der Scharfschütze. „Vielleicht düse ich nachher gleich los und überrasche sie zum Frühstück. Die wird Augen machen“, sprach er seinen Plan euphorisch aus und malte sich bereits ihr verblüfftes Gesicht aus, während sie aus dem Fahrstuhl stiegen und auf das Büro ihres Vorgesetzten zusteuerten. „Oh, da wird sie sich bestimmt freuen“, nickte April ihrem Kollegen zu und freute sich schon für ihre Freundin. „Bestell ihr liebe Grüße - der Beauty-Termin steht!", fügte sie hinzu, als sie ankamen.

Saber klopfte kurz, bis die Sekretärin sie ins Vorzimmer bat. 

„Einen wunderschönen Nachmittag verehrte Miss Miller“, trällerte der Cowboy. „Oh, Sie waren beim Friseur - chic Miss Miller und das Kleid ist doch auch neu!", ließ Colt mal wieder seinen Charme spielen und grinste über den Schreibtisch. Er hatte einfach gute Laune. 

Etwas verlegen lächelte die Chefsekretärin dem vorlauten Scharfschützen des Ramrod-Teams an. Eigentlich war ihr gerade gar nicht zum Lächeln, denn im Gegensatz zum Team hatte sie bereits die Nachricht mitbekommen. Daher fiel es ihr gerade doppelt schwer. 

„Na, na! Lass das nicht deine Freundin hören, Colt! "Bei ihr fällt dir sowas ja nie auf!“, flachste Fireball grinsend. „Die zieht dir die Ohren von hier bis nach Tranquility!“ 

„Ach meine Robin sieht immer toll aus. Die hat den Friseur doch gar nicht nötig!“, klärte Colt seinen Kameraden auf, der ihn nur weiter an grinste. Dann wandte sich Fireball zu Miss Miller: „Aber Recht hat er - steht Ihnen wirklich gut!“, versuchte er die Situation zu retten, während die Angesprochene sich bei den Männer für die Komplimente leicht verlegen bedankte. 

„Das mit der Freundin hat dich doch auch nicht gestört“, konnte April sich den Kommentar in Richtung ihres Ex nicht verkneifen, woraufhin Fireball getroffen den Kopf etwas einzog. Das hatte gesessen und er konnte es ihr eigentlich auch nicht verübeln.

„Es ist gut jetzt Leute!“, mahnte Saber sein Team, bevor es hier weiter ausartete. Ihm war der doch ernste Blick von Miss Miller nicht entgangen und das gefiel ihm gerade überhaupt nicht. Irgendwas war anders als sonst. Angespannt.

Dankbar, dass Saber die Zügel in die Hand nahm, nickte sie ihm zu. „Gehen Sie gleich durch. Der Commander erwartet Sie bereits“, informierte sie das Ramrod Team und sah den Vieren nach, bis sie im Büro verschwunden waren. Gleich würde die Unbeschwertheit vorbei sein.

Sie wollte nicht mit dem Commander tauschen müssen. 

„Daddy!“, begrüßte April ihren Vater in ihrer typischen Art und umarmte ihn. Der Commander erwiderte die Geste und doch war sie heute ein klein bisschen anders als sonst. Auch April spürte das und drückte ihn ein wenig fester. 

Saber beobachtete die Szenerie und vor allem das Gesicht seines Vorgesetzten. Auch hier las er Anspannung. Warum wusste er nicht, aber er bekam ein beklemmendes Gefühl. 

„Ich bin froh, dass ihr alle wieder wohlbehalten zurück seid“, sprach er zu seinem Team. „Nehmt bitte Platz", sprach er recht reserviert. Innerlich versuchte er gerade, seine Gedanken zu sortieren, während er sich zu ihnen setzte. Es war nicht das erste Mal, dass er so eine Botschaft überbringen musste. Aber diesmal war es auch für ihn näher, persönlicher. Nach all der Zeit waren auch die männlichen Mitglieder des Teams ihm sehr ans Herz gewachsen und er hatte eine besondere, fast väterliche Verbindung zu ihnen. Daher fiel es ihm heute besonders schwer. Er hatte bereits in den letzten Stunden mehrfach versucht, sich die passenden Worte zurechtzulegen. Aber gab es diese in so einer schrecklichen Situation überhaupt? Der Commander hatte lange überlegt, ob es besser wäre, ihnen zusammen die Nachricht zu überbringen oder der betroffenen Person einzeln. Letztendlich hatte er sich für das Team entschieden. Zusammen waren sie stark und hatten bisher jede Krise gemeistert. Sie gaben einander Halt und Kraft. Und das war das, was sie jetzt brauchen. Für alle Fälle hat er aber auch den Psychologischen Dienst informiert. Sie standen auf Abruf bereit.

Er blickte von einem Star Sheriff zum anderen, bis sein Blick schließlich auf Colt ruhte. Der Commander schluckte noch einmal und holte Luft. „Ich habe Euch zu mir gebeten, weil ich Euch etwas mitteilen muss“, begann er mit sanfter, aber doch leicht belegter Stimme. 

Irgendetwas war in seiner Stimme, so dass alle Vier sofort begriffen, dass es ernst war und sahen den Franzosen wortlos an. 

„Wie ihr selbst am besten wisst, sind leider überall im Neuen Grenzland noch vereinzelt Outridergruppen vertreten, die ihr Unheil anrichten“, begann Commander Eagle sachlich.

„Wir versuchen bei jedem Notruf sofort Hilfe zu entsenden“, fuhr er weiter fort. „Aber leider gelingt es uns hierbei nicht immer rechtzeitig vor Ort zu sein“. Er machte eine Pause und überdachte seine nächsten Worte exakt. Sein Blick traf den von Colt und sah ihm direkt in die Augen. Er zog die Augenbrauen hoch und sah den Commander fragend an, während dieser kurz schwieg und durchatmete.

Colt fühlte sofort einen kalten Schauer, der ihn erfasste und quälend langsam von unten her über seinen Rücken lief. Er war nicht umsonst einer der besten Scouts, wenn ihn hier seine Antennen im Stich lassen würden. 

April hatte ihren Vater selten so ernst gesehen und auch in ihr zog sich gerade alles innerlich zusammen. Ihr war der direkte Blick ihres Vaters zu Colt nicht entgangen. Fireball und Saber erging es ähnlich. Keiner wagte ein Wort zu sagen.

„Wir haben einen Notruf aus Tranquility erhalten, Colt", richtete nun Commander Eagle sein Wort direkt an den Texaner. Dessen schlimmster Albtraum wurde wahr. Ein Ruck ging durch den Cowboy und seine Freunde: „Wir müssen sofort hin!“ sprang er abrupt auf, als ihn sein Kommandant wieder bat, sich hinzusetzen. Er musste ihm noch mehr beibringen. 

„Mehrere Einheiten aus Yuma, aber auch näher gelegenen Stützpunkte sind sofort aufgebrochen. Aber…“ Er machte nochmals eine kurze Pause „…. es tut mir aufrichtig leid Colt. Aber wir konnten Robin nur noch tot bergen…" Mit diesen Worten senkte er den Blick. Allen vieren stockte der Atem.

„Nein!…“, war alles, was Colt über die Lippen brachte. Er musste sich gerade verhört haben. Das war doch alles nur ein schlechter Witz. April, die neben dem Cowboy saß, legte reflexartig ihre Hand auf die seine und drückte sie leicht, während ihr die Tränen in die Augen schossen. Deshalb hatte Colt sie nicht erreichen können. Wie versteinert saß der Amerikaner da und rührte sich nicht. Die Welt blieb in diesem Moment stehen und es zog ihm regelrecht den Boden unter den Füßen weg.  

Saber: „Ist diese Information sicher Commander?“ versuchte Saber irgendwie einen klaren Gedanken zu fassen und hoffte, dass diese Mitteilung falsch oder verfrüht gewesen war. 

„Leider ja Saber. Sie ist überprüft und bestätigt“, sprach der Vorgesetzte traurig. 

Plötzlich sprang Colt auf und stürmte in Richtung Tür „Wir müssen sofort hin!“

„COLT!“ kam es von den übrigen Vier wie im Chor.

Fireball eilte seinem Kumpel hinterher und holte ihn ein: „Warte Kumpel!“ griff er nach ihm, wobei sich Colt sofort versuchte, dem Griff zu entziehen.

„Ich warte nicht! Dann flieg ich halt allein!“ kam etwas barsch und fast enttäuscht von ihm. Warum verstand er nicht, dass er keine Zeit verlieren durfte. Mit Sicherheit hatte man Robin nur verwechselt. 

„Nein, so meine ich das nicht - lass uns alles hören, was der Commander zu sagen hat. Dann brechen wir auf!“ Auch Saber war Fireball zur Seite geeilt und so schoben sie Colt sanft aber bestimmt zurück auf seinen Sitzplatz, wobei sich Fireball neben seinen Freund setzte und seine Hand auf seiner Schulter ruhte.

„Commander?“, richtete Saber sein Wort an den Vorgesetzten, der die Reaktionen des Scharfschützen nur zu gut verstehen konnte. Er erinnerte sich kurz daran, wie es ihm selbst ergangen war, als er über den Tod seiner Frau damals informiert worden war. In diesem Moment kann man nichts glauben, wahrhaben oder verstehen. Er wollte Colt zumindest das berichten, was er wusste.

„Die Schule wurde angegriffen“, begann dieser weiterzuerzählen. „Soweit man mir berichtete, hatten sich Robin und einige Dorfbewohner mit den Kindern darin verbarrikadiert. Leider konnten unsere Feinde eindringen. Der Texaner saß völlig regungslos da und die Worte des Commanders drangen wie aus weiter Entfernung in sein Ohr.  „Colt, …. Robin… Sie hat die Kinder gerettet. Sie ist eine wahre Heldin. Sie hat sich als Schutzschild vor die Schüler gestellt …“. 

Saber und Fireball lauschten den Worten des Commanders mit Entsetzen.

April schlug sich die Hand vor den Mund, um das Aufschluchzen zu ersticken. Sie war vollkommen ergriffen, vom Tod der Verlobten des Cowboys und inzwischen eine  enge Freundin geworden war. 

Colt ballte seine Fäuste und diese zitterten vor Anspannung und Wut. Er schwor sich gerade, wenn es wirklich seine Robin war - er würde sie rächen. Er würde die Outrider mit bloßen Händen den Garaus machen. Erst nahmen ihn diese elendigen Bastarde seine Eltern und nun noch die Frau, die er liebte. Er würde sie jagen und jeden Einzelnen von ihnen zur Strecke bringen! Er malte mit dem Kiefer, während die Wut immer mehr wurde.

Er sah sie vor seinem inneren Auge. Diese wunderschöne Frau, ihre glänzenden blauen Augen, das seidige blonde Haar, die Lippen, die er nie wieder küssen können würde. Er würde ihr Lächeln nie wieder sehen, ihren Duft nie wieder einsaugen und sie nie wieder in seinen Armen halten dürfen. Es war so grausam. 

„Was ist mit Josh!?“ entfuhr es Colt plötzlich.

„Mein Gott, ja der Junge!“ kam es auch sofort von April und sah fast schon flehend nach positiver Nachricht zu ihrem Vater. 

„Joshua ist in Sicherheit“, beantwortete der Commander und vernahm, wie alle vier erleichtert ausatmeten. „Er liegt im Krankenhaus in der nächstgrößeren Stadt New Sacramento. Er hat „nur“ einen Streifschuss und leichte Schrammen davon getragen, wie die Ärzte sagen“, informierte er das Ramrod-Team. „Er ist außer Lebensgefahr!“

„Ich muss sofort zu ihm“, entgegnete Colt.

„Selbstverständlich Colt, du hast meine vollste Unterstützung“, sprach der Commander väterlich. „Und der Junge auch “. 

„Ramrod wird in diesen Minuten aufgetankt und neu beladen. Ihr könnt in einer Stunde starten“. Eagle hatte sich natürlich gedacht, dass Colt sofort nach Tranquility wollte und nicht aufzuhalten war. Er wollte Colt zwar auch das Angebot eines Seelsorgers machen, aber er kannte den Texaner inzwischen so gut, dass dieser keine Ruhe hätte, wenn er nicht zuerst vor Ort gewesen war. Das Angebot blieb bestehen, wenn er wieder zurück war. Daher hatte er im Vorfeld alles in die Wege geleitet, damit ein schneller Start von Ramrod möglich war. Die Ärzte im Krankenhaus hatte er ebenfalls informieren lassen. 

„Danke Sir!“, nickte der Scharfschütze dankbar und erhob sich erneut. Diesmal taten es ihm seine Kameraden gleich. „Mein aufrichtiges Beileid mein Junge“, hielt der Commander Colt die Hand entgegen, die er annahm und eine kleine Weile hielt, ehe er sich schweigend umdrehte, in Richtung Tür ging.

Saber und Fireball verabschiedeten sich vom Vorgesetzten und schlossen zum Cowboy auf. 

„Auf Wiedersehen Daddy“, verabschiedete sich April von ihrem Vater, der sie kurz zu sich zog und ihr einen Kuss auf die Stirn gab, ehe er sie ansah und ihr mit dem Daumen vorsichtig eine der Tränen aus dem Gesicht wischte In solchen Momenten wurde einem bewusst, wie schnell man eine geliebte Person verlieren konnte. „Passt auf Euch auf“. April nickte und drückte ihren Vater nochmals, ehe sie sich aus der Umarmung löste und ihren Kollegen hinterher eilte.

Weder Saber, Fireball noch April wussten gerade was sie sagen sollten. Jedes Wort schien nicht das Richtige zu sein. Sie waren selbst geschockt und sprachlos. Da auch Colt keinen Laut von sich gab, war sowohl die restliche Zeit auf Yuma, noch der Start wortlos verlaufen.

Eine Schwere lag in der Luft, den die Vier noch nie erlebt hatten. Jeder war überfordert. 

Immer wieder blickten die 3 übrigen Star Sheriffs zu Colt. Jeder machte sich Sorgen. Sie wollten für ihn da sein, aber wie? Wie ging man mit so einem Todesfall um? Wie mit dem besten Freund, der gerade das Wichtigste im Leben verloren hat und es selbst noch nicht verstand? Dazu die Gedanken auch an den kleinen Josh. Das Kind war sowieso schon Vollwaise. Nun hatte er die einzige Familie verloren, die er noch hatte. Seine Bezugsperson. Es war so grausam.

Alles was Fireball tun konnte war: Gas geben. Und das tat er auch. Er holte aus Ramrod heraus, was möglich war. Saber versuchte die Informationen und Daten, die ihnen eingespielt wurden, zu durchforsten und einzuordnen. 

Vielleicht mussten sie auch damit rechnen, dass vielleicht einige der Outrider noch in der Gegend waren. Sie durften auf keinen Fall jetzt in der Trauer leichtsinnig sein.

April hatte den schnellsten Weg berechnet und Fireball in die Konsole übertragen. Aber sie fühlte sich sonst so hilflos und wie gelähmt. Auch sie blickte immer wieder über ihre linke Schulter hinweg zu Colt. Dieser regte sich seit dem Start kein Stück. Starr blickte er nach draußen ins dunkle All. Die Kiefer waren fest aufeinander gepresst und seine Fäuste geballt auf den Oberschenkeln. Er war tief in seinen Gedanken und überhaupt nicht wirklich anwesend.

Verdammt, warum waren sie nicht einen Tag eher zurück gekommen?! 

Eine Stunde um die andere verging. Wenn auch zäh wie Gummi. April hatte in der Zwischenzeit schnell ein paar Sandwiches gemacht, aber Colt erhob sich nicht aus seiner Satteleinheit, als sie die Jungs zum Essen rief. Er hatte keinen Hunger und starrte einfach nur so vor sich hin.

Langsam machten sie sich Sorgen, während die drei in der Küche einen kleinen Happen aßen. Viel Hunger hatte keiner, aber sie mussten ja etwas essen, um konzentriert arbeiten zu können. Und das galt auch für den Cowboy. 

„Ich hol ihn jetzt!“, sprach Saber schließlich und war im Begriff aufzustehen. „Lass mal Sabre!", fiel im April ins Wort. „Ich bring ihm einen Teller. Vielleicht möchte er lieber etwas alleine sein“.

„Hmmm, vielleicht hast du recht - ich fühl mich nur so…..“ Saber suchte nach den richtigen Worten.

„Hilflos..?“ fragte der weibliche Star Sheriff nach. „Ja…. Genau…“ antwortete er ihr nickend und überlegte, während April ein Tablett hervor zog, Teller und Besteck auflegte und den Teller füllte. Dazu noch ein Glas Guavensaft. „Mir gehts genauso“.

„Wir können nur für ihn da sein“, sprach Saber schließlich weiter und Fireball nickte zustimmend:„Ich glaube, er muss es erst selbst sehen“.

„Ja, das fürchte ich auch - ich kann es ja selbst noch nicht begreifen. Er wird erst später zusammenbrechen. Und dann müssen wir für ihn da sein“. 

„Selbstverständlich“, kam es im Chor von April und Fireball, die überrascht waren, dass sie sich seit langem mal wieder einig waren und sahen sich gegenseitig an.

Nach ein paar Sekunden unterbrach April den Blickkontakt und erhob sich mit dem Tablett. „Vielleicht nimmt er was an“, sprach sie ihre Gedanken aus und ließ die Jungs allein.

Wie still es auf der Brücke war. Mal ein vereinzeltes leises Signal von Ramrod, neben dem monotonen Fluggeräusch. Aber sonst war es still. Dazu war das Licht gedimmt und nur die Beleuchtung der Konsolen und Tastatur war an. 

April kam der Satteleinheit des Scharfschützen näher und versuchte erst zu erspähen, ob er wach war oder vielleicht eingeschlafen. Nein, er war wach und saß noch in der gleichen Haltung, wie vor 40 Minuten. 

Kurz bevor sie ankam, ertönte plötzlich: „Danke April, aber ich hab keinen Hunger…“

Trotz der Ausnahmesituation waren Colts Sinne scharf wie immer und er hatte sie erkannt, bevor er sie hatte sehen können.

„Du erstaunst mich immer wieder Cowboy“, kam sie aus dem toten Winkel und neben Colt zum stehen und lächelte ihn schwach an. „Was hat mich verraten?“

Colt drehte den Kopf und sah seine Kollegin an. Sein Lächeln missglückte ihm verständlicherweise gerade und auch sein Blick wirkte leer und gebrochen. Allerdings antwortete er ihr: „Ich höre es an deinem Gang, die Art, wie du dich bewegst“, erklärte er ihr, „und manchmal am Duft“. 

April antwortete mit einem verstehenden Nicken und platzierte das Tablett neben die Statteleinheit und setzte sich daneben. 

Colt blickte wieder zurück ins All und April tat es ihm gleich. Eine Weile saßen sie einfach nur schweigend nebeneinander und beobachteten die Sternformationen vor sich. Worte fielen April nicht wirklich ein. Aber vielleicht tat es dem Cowboy auch einfach nur gut, dass er nicht allein war. 

Irgendwann bewegte sich unerwartet seine Hand und er streckte sie wortlos in Richtung Tablett aus.

Erleichtert, dass er doch etwas tat, um bei Kräften zu bleiben, hob sie den Teller an und reichte ihn Colt hinüber, der sich ein Sandwich schnappte und eher lustlos als mit Appetit hineinbiss.hinein biss. Auch wenn er keinen Hunger hatte, tat es doch seinem Körper gut. Schweigend reichte die junge Frau ihm sein Lieblingsgetränk, welches er auch annahm. 

So verging eine weitere halbe Stunde in Stille.

“Wie lange noch?“, durchschnitt Colt mit der Frage das Schweigen. April reckte den Kopf und schielte etwas in Fireballs Konsole. „Knapp 2 ½ Stunden noch“, erhielt er zur Antwort und nickte. „Leg dich doch noch etwas hin, hm? Wir holen dich, wenn wir zur Landung ansetzen“, schlug sie ihm vor. 

Erst hatte er den Impuls verspürt, zu widersprechen, doch dann sehnte er sich auch nach einem Moment der Stille für sich allein. Er erhob sich. "Danke, April... auch dafür, dass du geschwiegen hast...", sagte er, während er mit seinem Guavensaft von der Brücke ging. Sie beobachtete ihn schweigend, während er davonschritt.

Colt steuerte direkt das Gemeinschaftszimmer an, streifte sich die Stiefel von den Füßen und ließ sich schwer auf seine Matratze fallen. Für eine Weile lag er einfach regungslos da, bis plötzlich mehrere Pieptöne sein Ohr erreichten. Er richtete sich abrupt auf und lauschte.  Hastig griff er nach seinem Com und entriegelte den Bildschirm.

 »Robin!«, rief er aus.  Verschiedene Anrufe und Nachrichten wurden angezeigt. Sein Herz begann wild zu pochen, während ihm gleichzeitig heiß und kalt wurde.

Er öffnete die Nachrichten, obwohl er anfangs noch gehofft hatte, dass sie aktuell waren, wurde ihm schnell klar, dass sie von vorgestern und gestern stammten. Ein Zittern durchlief ihn.

Mit fahrigen Fingern scrollte er durch die Nachrichten, während sie ihm die Kehle immer mehr zuschnürten.  Robin und Josh hatten ihn verzweifelt versucht zu erreichen. Mit jeder weiteren Nachricht  spürte und vor allem hörte er die immer größer werdende Angst und Verzweiflung seiner Liebsten. Die Panik in ihren Stimmen, die nach ihm riefen, zerrissen ihm sein Herz. Er versuchte einzuatmen, doch es wollte nicht gelingen. Heiße Tränen stiegen in ihm auf. Seine Gedanken waren nur fetzen, sein Atmen sackte immer wieder ab. Sie hatten ihm vertraut, auf Hilfe gehofft und er hatte sie nicht beschützt, Schuldgefühle stiegen auf. 

Die Verzweiflung, Wut und Trauer mischten sich in seinem Inneren zu einem bitteren Cocktail der Hilflosigkeit. Was sollte er jetzt noch tun, er konnte nichts mehr tun! Streng fuhr er sich durch seine mittlerweile verschwitzten Locken. Er wollte schreien, doch nichts kam aus seiner Kehle, sein Hals und Brustraum waren zu eng, dass alle Kraft dazu fehlte.

„COLT WO BIST DU?!“, wiederholte sich die angstvolle, verzweifelte, unter Tränen aufgelöste Nachricht von Joshua.  Colts tränen verklärter Blick fiel auf die Absendezeit und er spielte die letzte nachricht des Jungen ab:

„ROBIN IST TOT! DU HAST VERSPROCHEN UNS ZU BESCHÜTZEN!“. In diesem Moment schmiss er wutentbrannt das Comgerät gegen die nächste Wand, wo es zerbrach. Schwer atmend betrachtete er die Einzelteile seines Kommunikators, sein Atmen ging schwer, kalter Schweiß lief ihm über sein Gesicht, der sich mit seinen Tränen mischte. “Warum?” brach er zusammen und ließ seinen Tränen freien Lauf, ihm war es egal, ob die anderen ihn hören konnten, sein Herz würde platzen, wenn er es jetzt nicht abließ, sein Atmen brannte wie Feuer. Die Schuldgefühle fraßen ihn auf. 

Fireball lehnte neben der Tür des Gemeinschaftszimmers und hörte seinen besten Freund, der gerade seiner Trauer freien Lauf ließ und so wie es sich anhörte auch kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Doch er ließ seinem bestem Freund diese Zeit.

"Ja ist es denn die Possibility?!" 😉

 
Beitrag veröffentlicht am : 6. Mai 2024 1:32
ButterflyM, ManuB und sannyerd reagierten
April_Eagle_Wilcox
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Kapitel 2:
 
Tausend Tränen



Irgendwann war es still im Zimmer geworden. Fireball stand immer noch mit geschlossenen Augen an die Wand gelehnt und lauschte immer wieder nach innen. Er konnte nur annähernd erahnen, wie sich sein Kumpel sich gerade fühlte. 

Er wusste nur, dass er da sein wollte, sollte Colt ihn brauchen. 

Nachdem Fireball einige Augenblicke lang tief durchgeatmet hatte, öffnete er die Tür vorsichtig. Eine unheimliche Stille umgab ihn, als er den Raum betrat. Sein Herz schlug schnell, während er den Blick über die Einzelteile des Kommunikators am Boden schweifen ließ. Mit langsamen Schritten näherte er sich dem Stockbett, als er einen besorgten Blick in das Bett warf, in dem Colt völlig erschöpft schlief. Fireballs Herz zog sich zusammen bei dem Anblick seines Freundes in diesem Zustand. Er nahm die Decke am Fußende und breitete sie über Colt aus, um ihn vor dem Auskühlen zu schützen. Er sollte schlafen und nicht wegen sowas wie Kälte wach werden. Daraufhin hob er leise die Einzelteile des Kommunikators auf. Er war voller Gedanken und Emotionen über das, was geschehen war und was noch kommen würde.

April kehrte bedrückt in die Bordküche zurück. In der Saber, mit einem Tablet vor sich saß,  tief versunken in die Analysen über den Angriff auf die Tranquility. Die Atmosphäre in der Küche war bedrückend, und zwischen den beiden herrschte eine spürbare Distanz. Keiner von beiden wusste, wie er die Stille durchbrechen sollte. Jeder Gedanke schien im Angesicht der Unklarheit und des Schocks verloren zu gehen.

April durchbrach das Schweigen mit einem hörbaren Seufzer: „Er hat sich etwas hingelegt“, klärte sie den Schotten auf. Saber nickte still: „Das ist gut!“, sagte er und legte das Tablet, hinter dem er sich und seine Gedanken bis eben auch noch versteckt hatte zurück auf den Tisch 

„Ja…“ bestätigte auch April,  als sie die noch restlichen Dinge vom Abendessen verräumte und sich an den Spüldienst machte. Eigentlich war Colt diese Woche an der Reihe, aber das wollte sie ihm abnehmen. Zudem lenkte es sie gerade gut ab! Sie starrte gedankenverloren auf den Wasserstrahl, der das Spülbecken langsam füllte und verlor sich im Anblick des sich langsam bildenden und aufsteigenden Schaums.. Mit jedem Teller, den sie ins Wasser legte, wurde die Last der Trauer schwerer. Sie presste die Augen zusammen, um die aufsteigende Trauer zu unterdrücken. Immerhin war Robin inzwischen auch zu ihrer besten Freundin geworden. Die Vorstellung, dass sie nun einfach nicht mehr da sein sollte, schnürte April die Kehle zu. Die Realität dieses Verlustes lastete schwer auf ihr, und sie wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte

Sie ballte den Spüllappen fest in ihrer Faust, versuchte verzweifelt, den aufkommenden Schluchzer zu unterdrücken, und zwang sich, tapfer zu schlucken. Doch trotz ihres Willens entglitt ihr die Kontrolle langsam. Ein Tränenstrom bahnte sich unaufhaltsam den Weg über ihre Wangen, und der erste Tropfen platschte ins Spülwasser und vermischte sich mit den anderen Tränen. Ein weiterer Tropfen folgte, und nun konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Ihre Schultern begannen leicht zu zittern, und sie ließ den Emotionen freien Lauf, während sie sich dem schmerzhaften Verlust ihrer Freundin hingab.

Eine sanfte Hand legte sich behutsam auf ihren Oberarm und drehte sie dann entschlossen, aber liebevoll herum. 

Saber hatte Aprils aufgewühlten Zustand bemerkt. 

Und er ahnte, dass sie ihren eigenen Schock und die Emotionen die ganze Zeit unterdrückt hatte, um Colt nicht noch mehr zu belasten. Doch jetzt war klar, dass auch sie ein Ventil brauchte.

Er zog sie freundschaftlich in seine starken Arme und hielt sie einfach nur fest. 

 "Alles wird gut, April", flüsterte er beruhigend, während er sie an sich drückte. Er selbst kämpfte mit ähnlichen Emotionen, doch er zeigte keine Tränen und bemühte sich, für das Team stark und fokussiert zu bleiben. Aber auch ihn berührte das Leid seines Freundes sehr.

In dieser umarmenden Geborgenheit brachen bei April endlich alle Dämme, und sie schluchzte herzzerreißend auf. Der Schotte hielt sie einfach nur fest, gab ihr den Halt, den sie so dringend brauchte. Doch vielleicht war dieser Halt in diesem Moment auch gegenseitig. Während sie sich festhielten, fühlten sie sich nicht allein mit ihrem Schmerz. Ihre Umarmung war ein stilles Versprechen, einander durch die schwere Zeit zu tragen.

Leicht bewegte er sich, sachte mit ihr, als beruhigende Geste, während sie sich gehen ließ.

“Es…..es ist einfach nicht… fair!“, schluchzte sie mittendrin. „Warum?!“, stellte sie die Frage, die sie seit der schrecklichen Nachricht alle beschäftigte.

“Erst seine Eltern…… und jetzt Robin….“ , presste die Blonde zwischen den Schluchzern hervor. „Darf er denn nicht glücklich sein?!“

Saber strich ihr beruhigend über den Rücken. "Ich weiß...", murmelte er sanft. "Ja, es ist nicht fair..." Er fühlte den Schmerz seiner Kollegin und ließ für einen Moment seine eigenen Gedanken zu. Colt hatte bereits so viel Leid in seinem Leben erfahren müssen. Und nun nahm ihm das Schicksal auch noch die Frau, die er liebte. Saber wurde sich in diesem Moment bewusst, welches Privileg es war, noch beide Elternteile zu haben.

April's Stimme überschlug sich fast vor Emotionen:“Und der kleine Josh…. er….er ist jetzt  ganz alleine! Er hat das nicht verdient!“  April kannte nur allzu gut die schmerzhafte Realität, als Kind eine der wichtigsten Personen im Leben zu verlieren. Robin und Joshua waren bereits sehr jung Vollwaisen geworden. Seitdem hatte die junge Lehrerin die Vormundschaft für ihren kleinen Bruder übernommen, obwohl sie selbst gerade erst erwachsen geworden war. Und jetzt…. Jetzt hat der Junge auch noch die letzte Person seiner Familie verloren. Die Vorstellung, wie Josh nun ganz alleine zurückblieb, riss April das Herz entzwei.

“Ja .. du hast recht“, sprach Saber weiter auf April ein. „Aber er wird nicht alleine sein… wir werden alle für ihn da sein und ihn nicht im Stich lassen. Selbst dein Vater hat es ja bereits bestätigt“, versuchte er ihr etwas den Kummer zu nehmen. 

Saber spürte Aprils stummes Einverständnis gegen seine Brust und senkte den Blick auf ihren Schopf. Plötzlich bemerkte er den Schatten von Fireball in der Tür und hob den Blick. 

Der Japaner hatte bereits Aprils Weinen gehört, noch bevor er in die Küche gekommen war.  Sein Beschützerinstinkt war sofort geweckt worden und vermutlich hätte er aus Reflex und Gewohnheit die junge Frau jetzt in seine Arme ziehen wollen. Aber als er die Szenerie sah, wurde ihm mit einem Schlag auch wieder die schmerzhafte Realität bewusst, dass er vermutlich gerade der Letzte war, von dem April getröstet oder angefasst werden wollte und so wich er wieder zurück. 

Verdammt, es konnte sich von einem Moment zum anderen ein ganzes Leben verändern, ja es konnte auch ganz vorbei sein….. warum war er nur so dumm gewesen?!

Saber blickte zu Fireball und gab ihm ein unauffälliges Zeichen, nicht näher zu kommen. Er war sich sicher, wenn die junge Französin den Rennfahrer bemerken würde, würde sie sich sofort verstellen und die Trauer verstecken, nur damit er sie jetzt nicht schwach sah.Genau das wollte der Anführer vermeiden. Es war entscheidend, dass sie die Anspannung losließ und sich erlaubte, ihre Trauer zu durchleben, um wieder etwas Stabilität zu finden und die Situation zu verarbeiten.

Fireball verstand das Zeichen und nickte Saber stumm zu. Anschließend deutete er mit dem Kopf in Richtung der Quartiere und formte stumm mit den Lippen das Wort "Colt". Dann legte er beide Hände ineinander gefaltet unter seine Wange, um zu signalisieren, dass der Cowboy schlief. Saber schloss kurz, erleichtert seine Augen und nickte verständnisvoll. Fireball hob eine Hand zur Verabschiedung, verließ die Küche auch schon wieder und ging auf die Brücke, um Ramrod für den Landeanflug vorzubereiten.

Nach und nach ließ Aprils Anspannung nach und die Tränen versiegten langsam und ließen ein unangenehmes, trockenes Gefühl auf ihrem Gesicht zurück. Saber strich ihr sanft über ihren Rücken. „Hmm, na geht's wieder?“, erkundigte er sich bei April. Sie löste sich aus der Umarmung und sah zu ihm nickend auf. „Ja!Danke Saber!” - „Kein Thema… Dafür hat man doch Freunde“, erwiderte er mit einem warmen Lächeln. Dann schob er April auf die Sitzbank und machte sich daran das restliche Geschirr abzuwaschen.Während der Schotte die Küchenzeile aufräumte, zog die Navigatorin die Berichte heran und las darin, während langsam wieder Ruhe in sie einkehrte. „Ich brauch nen Tee“, kommentierte Saber als er fertig wurde. „Du auch?“

“Ja… am besten mit Schuss!“, antwortete April trocken und sah in zwei verblüffte Augen. „Das war ein Scherz, Saber…“ klärte sie ihn augenzwinkernd auf und Saber bereitete mit einem Lächeln zwei Tassen zu.

“Scheinbar waren die Outrider schon eine Weile in der Gegend aktiv.  Die erste Meldung gab es bereits vor  einigen Wochen “, fasste April die Berichte grob zusammen. „Warum haben wir nichts erfahren?!“, sprach sie laut ihre Gedanken aus. 

„Ich denke, weil diese Schurken noch so oft an diversen Orten auftauchen und wir uns sonst vierteilen müssten. Daher bekommen wir die Meldungen nach Dringlichkeit und den Rest übernimmt die Kavallerie“, musste Saber nüchtern die Tatsachen betrachten. Auch wenn sie ihm genauso wenig schmeckte, wie seiner Kollegin. 

„Mich wundert ja, dass wir von Robin selbst nichts gehört haben“, fragte sich der Captain. „Ich meine Sincia würde sich ja auch sofort bei mir melden“. Kalt wurde ihm bei diesem Gedanken. 

“Ja, da hast du recht, Saber“, wurde April nachdenklich und trank einen Schluck vom Tee. 

„Also entweder war das wirklich ein Überraschungsangriff auf Tranquility oder sie hatte keine Möglichkeit dazu“, schlussfolgerte sie weiter, ehe sie etwas über die Tastatur eintippte und durchforstete.

“Bingo! Seit Vorgestern gibt es Meldungen, dass nach und nach immer mehr Funkzellen ausgefallen sind. Die Outrider haben einiges in die Luft gejagt und somit waren sie irgendwann gänzlich von der Außenwelt abgeschnitten“, schluckte April schwer. Gott, was mussten die Einwohner Todesangst gehabt haben und konnten niemanden erreichen. „Nach und nach wird gerade auf Hochdruck provisorisch ein Telekommunikationsnetz aufgebaut, bis die Stationen wieder vollständig erbaut sind“, teilte sie Saber ihre Erkenntnis mit. „Das Oberkommando lässt nun die Hauptknotenpunkte überprüfen und stellt sie unter besonderen Schutz“.

„Das sollten sie - ja!“, nickte Saber und beschloss gerade, dass er sowohl Sincia als auch seinen Eltern noch mit zusätzlichen Möglichkeiten für ein Notrufsignal ausstatten wollte. Er musste sich dringend informieren, wenn sie zurück auf Yuma waren. 

Da blinkte in der Mitte der Eckbank ein Signal auf. Sie näherten sich dem Ziel.

“Wir sollten zum landen auf die Brücke", beschloss der Anführer und erhob sich. Schnell wurde alles gesäubert und alles, was noch rumstand, aufgeräumt, ehe sich die beiden blonden Star Sheriffs zum Cockpit aufmachten. 

„Geh du schon mal vor - ich hole Colt“ wies Saber April an, als sie am Männerquartier vorbei kamen.

„Alles klar“, bestätigte die Navigatorin und machte sich auf den Weg in ihre Satteleinheit. Sie machte sich gleich an ihre Arbeit den richtigen Korridor zu berechnen und Fireball die Koordinaten in sein Modul zu übertragen. Zwischen Fireball und April herrschte sonst gerade Funkstille. Was sollten sie aber auch gerade groß besprechen? Auch wenn sich der Rennfahrer mit einem kurzen Blick vergewisserte, dass sie nach dem Tränenausbruch wieder okay war, fand er keine passenden Worte. 

Saber ging indes leise in Richtung Bett. Er wollte nicht, dass Colt erschrocken hochfuhr. Auch ihm tat es weh, seinen engen Freund so sehen zu müssen. Und dabei stand der schwierigste Part jetzt noch vor ihm - vor ihnen allen. 

Er beugte sich etwas in die Koje und berührte den Cowboy an der Schulter: „Colt …. Wir sind im Landeanflug…“ sprach er mit ruhiger Stimme zu ihm. Als im ersten Moment noch keine Reaktion kam, klopfte er ihm etwas auf den Oberarm. „Colt?“

“Robin…?!“, riss Colt im nächsten Moment die Augen auf und setzte sich schwungvoll auf. Fast wäre er mit dem Schotten kollidiert. Saber verkrampfte innerlich, ließ sich aber nach außen nichts anmerken. Er musste jetzt der Fels in der Brandung sein.

“Wir sind gleich da….“ versuchte er Colt, den er scheinbar gerade aus einem Traum gerissen hatte, ins Hier und Jetzt zu holen. Colt begriff schnell und atmete tief durch. Er hatte Angst. Aber wer konnte es ihm verdenken. Gleichzeitig waren sofort wieder die Schuldgefühle da.

Warum konnte das alles nicht einfach nur ein schlechter Traum sein und er würde seine kleine Familie gleich erleichtert in die Arme schließen können. 

Saber wich einen Schritt vom Bett zurück, damit Colt aufstehen konnte und reichte ihm seine Hand. Colt nahm sie und stand auf. Einige Augenblicke hielten die beiden Männer diese freundschaftliche Geste. Saber verstärkte den Händedruck, um Colt zu signalisieren, dass er für ihn da war und er mit der Situation nicht allein fertig werden musste. Colt nickte dankbar und schloss kurz die Augen. Er war dankbar in Saber nicht nur einen Vorgesetzten, sondern vor allem einen seiner besten Freunde zu wissen. Es bedurfte gerade nicht vieler Worte. Die beiden Männer verstanden einander ohne Sprache. 

Das Licht überall in Ramrod wurde automatisch gedimmt und signalisierte damit, dass sie langsam in die Atmosphäre eintauchten. „Komm, lass uns auf die Brücke gehen“, kommentierte der Schotte und klopfte Colt freundschaftlich auf die Schulter. Wenig später saßen alle vier Star Sheriffs samt Anzug und Helm angeschnallt auf ihren Stammplätzen. Der Friedenswächter wurde etwas durchgeschüttelt, während Fireball immer tiefer steuerte. 

Außer den Lande-Geräuschen und das monotone Brummen der Turbos ertönte nur ab und an ein Signal. Jeder war in seine Gedanken verloren und sie waren nervös, was sie nun da unten erwarten würde. 

Gefühlt war dies der längste Landeanflug seit langem - vielleicht der Längste überhaupt. 

In Colt selbst überschlugen sich die Fragen. Wo sollte er als erstes hin? Am besten zu Josh! Oder sollte er sich erst wegen Robin selbst vergewissern? Oder wollte er Fragen beantwortet haben? 

Nein - an 1. Stelle stand Josh. So hätte Robin es sich gewünscht und erwartet. Wenn er schon komplett versagt hatte die Beiden zu schützen, dann musste er wenigstens jetzt richtig handeln

Normalerweise sprangen die vier Star Sheriffs kurz nach der Landung aus ihren Satteleinheiten. Heute blieben sie alle erst nochmals sitzen und versuchten die Gedanken zu ordnen. Der ein oder andere atmete nochmals tief durch. 

Colt gingen so viele Dinge durch den Kopf, was ihn jetzt schon fast verrückt machte.

Er schüttelte den Kopf, als ob er damit Ordnung ins Chaos bringen könnte. Aber es half nicht wirklich. Er hatte Joshs Gesicht vor seinem inneren Auge.

Alles andere war gerade egal und zweitrangig. Der Junge zählte.

Und so erhob er sich von seinem Platz. „Was dagegen, wenn wir direkt ins Krankenhaus fahren?“ fragte er in die Runde, als auch seine Kameraden aufstanden.

“Nein Colt - der Junge ist jetzt das Wichtigste. Lass uns gehen!“, antwortete Saber dem Texaner. Und so machten sich alle gemeinsam auf den Weg. Sie wollten ihn nicht alleine gehen lassen. Freunde hielten zusammen und wenn sie nachher vielleicht nur vor der Tür warten würden, würde der Cowboy wissen, dass seine Freunde jederzeit greifbar waren.

Nach etwa einer halben Stunden hatten die Star Sheriffs den Krankenhauskomplex erreicht. Colt ging an den Empfang und meldete sich mit seiner Dienstmarke an. Nachdem sie erfahren hatten, auf welcher Station Josh lag, machten sich die Vier auf zum Fahrstuhl. Auch hier hätte man eine Stecknadel fallen hören können. 

Auf der Station angekommen klingelten sie vor der verschlossenen Glastüre. Schon kurz danach kam eine Krankenschwester und erkundigte sich, wer die Besucher waren. Kinder standen hier generell unter einem besonderen Schutz und nicht jeder konnte hier ein und ausgehen, wie sie wollten. Dazu gab es hier einige Zimmer mit traumatisierten Kindern, die von den Überfällen gezeichnet waren. Das Oberkommando hatte das Krankenhaus bereits im Vorfeld über den Besuch informiert und daher wusste die Schwester Bescheid. Sie hatten die Erlaubnis erhalten, sich hier nicht an die Schweigepflicht halten zu müssen. 

Nachdem geklärt war, dass die Star Sheriffs eintreten durften, nahm die Schwester die Vier mit ins Schwesternzimmer und klärte sie über die Kinder auf. Sie bat die Männer ihre Waffen in einen mit Fingerabdruck abschließbaren Spind zu verräumen. Die Kinder sollten hier nichts davon sehen, damit sie nicht getriggert wurden. 

„Schwester, wie geht es Josh?“, fragte Colt, der sich sichtlich Sorgen machte.

“Joshua geht es den Umständen entsprechend gut. Er hat einen Streifschuß am rechten Arm und einen an der Taille abbekommen. Beide sind nicht sehr tief und daher wird der Junge keine bleibenden Einschränkungen davontragen“, berichtete die Fachkraft den Besuchern. Erleichtert atmeten die Star Sheriffs durch. Wenigstens eine gute Nachricht in all dem Leid. 

“Was uns mehr Sorgen macht, sind der Schock und das Trauma durch den Vorfall. "So etwas ist im Vergleich zu körperlichen Wunden sehr viel tiefer und langwieriger“, wurde sie sehr ernst. „Joshua hat mit ansehen müssen, wie seine Schwester, eine andere Pädagogin getötet und mehrere Kinder angeschossen wurden. Zwei dieser Kinder verstarben hier im Krankenhaus“, berichtete die Krankenschwester mit belegter Stimme. Auch wenn sie diesen Job seit Jahren machte, war so eine Situation die Ausnahme und nahm alle Angestellten genauso mit.

In den vier Star Sheriffs zog sich alles zusammen. All die Jahre waren sie an der Front gewesen, aber so eng am Leid der Zivilisten waren sie nie gewesen. Und jetzt traf es auch noch jemand, der ihnen persönlich so nah stand. Nah gestanden war.

Colt spürte regelrecht, wie sein Herz in zwei Teile zerbrach. Er hatte versagt. Warum war er nicht hier gewesen. Da war er schon Star Sheriff und konnte nicht mal seine Liebsten beschützen. Er zweifelte an sich selbst...und fragte sich zum hundertsten Mal “Warum?”

“Joshua hat starke Wutanfälle“, unterbrach die Schwester die Gedanken der Ramrod-Crew.

„Es passiert ganz plötzlich und er explodiert. Teilweise verletzt er sich dabei selbst. Es braucht dann längere Zeit, bis er sich wieder fängt und sich unter Kontrolle hat. Wutanfälle bei Kindern nach traumatischen Kriegserlebnissen sind ein ernstzunehmendes signal. Diese Wutanfälle können durch die extremen Belastungen und Ängste, die er erlebt hat, ausgelöst werden. Wichtig ist es, ihn so schnell wie möglich in ein sicheres Umfeld zu bekommen, mit professioneller Hilfe, versteht sich, was sich zur Zeit als schwer erweist, aufgrund der Lage.  Er gibt sich selbst die Schuld für die Geschehnisse,  was natürlich nicht stimmt“, erklärte sie die Vieren ohne Umschweife vom Gesundheitszustand  ihres kleinen Patienten. „Es wird seine Zeit dauern und er benötigt unbedingt eine Therapie.

Saber nickte ihr zu und ergriff das Wort. „Danke für Ihre Offen- und Ehrlichkeit“ ehe er einen Blick auf Colt war. „Sie müssen wissen, dass dieser Besuch nicht nur dienstlicher Natur ist“, erklärte der Anführer. „Mr Wilcox hier, ist der Verlobte von Joshua's Schwester“. Irgendwie wollte Saber noch nicht in der Vergangenheit sprechen. 

"Oh, ich verstehe“, nickte die Pflegekraft in Richtung Colt: „Mein aufrichtiges Beileid Mr. Wilcox“ wandte sie sich zu ihm. „Geben Sie dem Jungen Zeit. Die Zeit heilt zwar nicht alle Wunden, aber mit der Zeit tut es nicht mehr ganz so extrem weh, wie jetzt“; versuchte sie, sanfte Worte zu finden. 

„Danke Miss“, waren die ersten Worte, seit sie Ramrod verlassen hatten. „Ja, das werde ich“, versicherte Colt der Fachkraft. 

„Joshua liegt im Zimmer 309 - dem Löwenzimmer“, erklärte sie weiter und deutete mit der Hand den Flur entlang links. „Bitte überfordern Sie den Jungen nicht“, gab sie den Vieren mit. „Wenn Sie mich benötigen, geben Sie hier im Schwesternzimmer Bescheid.“

Die Star Sheriffs verabschiedeten sich für den Moment und gingen in die Richtung, die ihnen gewiesen worden war. Als sie an den verschiedenen Türen vorbei kamen, wurde ihnen auch klar, was mit „Löwenzimmer“ gemeint war. Jedes Patientenzimmer hier war einer Tierart gewidmet. Es gab ein Bärenzimmer, ein Mäusezimmer, ein Tigerzimmer, ein Igelzimmer und ein Eulenzimmer. Vermutlich waren das nur einige Namen, die hier liebevoll verteilt worden waren. Anders als auf den Stationen der Erwachsenen war hier alles bunt und liebevoll dekoriert. Große Zeichnungen zierten die Flure. Die Türen zeigten jeweils das titelgebende Tier. 

Aus einem größeren Zimmer mit Glasfront hörte man Kinderlachen und einige Spielgeräusche. Wie gut es tat, hier auch fröhliche Laute zu hören. Ein kleines Mädchen mit dunklen großen Augen presste sich schüchtern an den Türrahmen, linste aber neugierig auf die kommenden Besucher. Ihr rechtes kleines Ärmchen zierte ein pinker Gips. Ein paar Unterschriften und kleinere Zeichnungen waren darauf bereits verewigt worden. Als die Star Sheriffs näher kamen, huschte sie für einen Moment zurück in den Schutz des Spielzimmers. 

Da die Neugierde aber doch so groß war, blitzten jedoch wenig später die lebendigen und großen Augen wieder um die Ecke. Dabei blickte sie gebannt auf den fremden Mann mit dem Cowboyhut auf dem Kopf. So etwas sah man ja auch nicht alle Tage.

„Ich glaube Colt, du hast einen neuen Fan“, bemerkte Fireball das kleine Mädchen, das wieder etwas schüchtern wirkte, als die 4 Erwachsenen zu ihr blickten. 

„Hey kleine Maus“, ging der Cowboy in die Knie und war so in etwa auf Augenhöhe des Kindes. „Ich bin keine Maus“, erwiderte die Kleine dann doch mutiger als gedacht. „Ich bin eine Wölfin!“, stellte sie sofort klar und zeigte auf die Zimmertür gegenüber. 

Alle Vier mussten schmunzeln. Wie doch so ein kleines Mädchen die Stimmung vollkommen ändern konnte. Aber vielleicht war es gerade genau das, was sie gebraucht hatten. Und vor allem Colt. Er wirkte etwas gelöster.

„Oh, was bin ich auch für ein Dummerchen“, lächelte Colt verstehend. „Man sieht dir doch auch an, dass du eine echte Wölfin bist!“ Da wurde er zunächst etwas verstohlen angesehen, danach glitt der Blick aber nach oben zu seinem Hut. Colt folgt ihrem Blick. „Gefällt er dir?“, fragte er, nahm den Hut und setzte ihn ihr auf. Natürlich war er viel zu groß für den zarten Kinderkopf und das Mädchen verschwand fast darin. „Huch, ich glaube, da darfst du noch ein bisschen wachsen, bis er passt“.

“Ja bei deinem Dickschädel sowieso“, nutzte Fireball die Situation und neckte seinen Freund etwas. “Ha ha“, kommentierte der Cowboy nur. 

„Sag mal, bekommen alle Wölfinnen so einen pinken Gips?“, fragte Colt ganz neugierig nach. „Neee, nun wenn man will. Es gibt aber auch grün oder blau oder rot!“, klärte das Kind den Unwissenden auf. „Oh, das ist ja toll. Und pink ist deine Lieblingsfarbe?“, erkundigte sich der Cowboy weiter. „Ohja!“, leuchteten die Augen des kleinen Mädchens auf. „Pink ist aber auch eine tolle Farbe“, bestätigte er das Kind, auch wenn er selbst damit ja eigentlich gar nichts anfangen konnte.  „Meine Kollegin…“, dabei deutete er auf April, „liebt die Farbe auch sehr“. Das Kind blickte zu April auf, die nun auch zu ihr hinunter in die Hocke ging. 

„Da hat er recht. Die Farbe ist richtig chic. Und pink passt doch zu allem, stimmt’s?“ Sofort strahlte das Kind und nickte freudig. 

„Was macht ihr hier?“, wurde die kleine „Wölfin“ langsam mutiger. Colt verkrampfte sofort, was April neben sich gleich spürte und so übernahm sie das Wort, um es Colt nicht noch schwerer zu machen.

“Wir besuchen einen sehr engen Freund hier. Er liegt im Löwenzimmer“, antwortete der weibliche Star Sheriff.

“Oh ja, da liegt der neue Junge - er sieht ganz nett aus, aber manchmal schreit er so rum“, sprach das Kind einfach aus, wie sie es nun mal empfand. 

„Er ist auch ein ganz toller Junge. Es geht ihm nur aktuell nicht gut. Das kennst du sicher auch, dass man mal grummelt, wenn es einem nicht gut geht oder etwas weh tut“, versuchte der weibliche Star Sheriff, das Verhalten dem Kind verständlich zu machen. 

“Stimmt..“, überlegte das Kind. „Aber ihr seid nett!“, stellte sie schließlich fest. „Ihr dürft auf meinem Arm schreiben!“.

“Oh, das ist aber eine besondere Ehre!“, mischte sich nun auch Saber kindgerecht ein. „Weißt du was. Wir besuchen jetzt eben unseren Freund. Und auf dem Rückweg kommen wir vorbei.“

“Versprochen?“, fragte sie und legte den Kopf schief. 

„Versprochen!“, kam es zu viert im Chor und alle mussten kurz lachen.

“Bis nachher kleine Wölfin“, Colt nahm seinen Hut zurück und die Gruppe verabschiedete sich voneinander.

Das Mädchen blickte den Vieren noch ein Weilchen nach. Am Ende des Flures lag Zimmer 309. Der Kloß in Colts Hals wuchs und wuchs von Sekunde und mit jedem Schritt an. Zwar hatte die kleine Patientin alle etwas aufgemuntert, aber nun war die Angst wieder da. Sie kroch regelrecht seinen Rücken hinauf und ließ einen eiskalten Schauer zurück.

Saber legte Colt freundschaftlich die Hand auf die Schulter und drückte sie leicht. „Wir wollen Josh nicht überfordern. Geh du erstmal alleine zu ihm. Wir warten hier und sind da, falls er uns sehen möchte.“  Colt sah jeden seiner Freunde einen Moment lang an und atmete schwer durch, ehe er nickte. 

Danach hob er die Hand und klopfte an die „Löwentür“.

Ein junges Stimmchen hörte man vom Inneren. Colt öffnete vorsichtig die Tür und steckte den Kopf hinein. „Hallo“, empfing ihn ein Kind. „Hey", antwortete er dem blonden Jungen im nächstgelegenen Bett.

Im Zimmer befanden sich 4 Betten. Je zwei an der Fensterfront gegenüber und zwei weitere im Zimmer Inneren. Ein Bett war aktuell leer. In den anderen lagen 3 Kinder.

Schnell erkannte er Joshs dunklen Haarschopf. Er hatte eins der Betten am Fenster und lag mit dem Rücken zur Tür. 

Für Robins kleinen Bruder stand die Welt seit dem Tod seiner Schwester still. Er bekam alles nur schemenhaft mit und verkroch sich in seinem Bett. Die meiste Zeit schwieg er oder weinte leise für sich. Auch wenn das Personal sich noch so sehr versuchte, sich um ihn zu kümmern, hatten sie alle Hände voll zu tun. Er ließ einfach alles mit ihm geschehen. Auch die Verbandswechsel oder Untersuchungen, kein Mucks war aus ihm zu bekommen. Er starrte dabei nur mit trostlosen Augen an die Decke oder die Wand vor sich. 

Auch jetzt gerade starrte der Junge nach draußen aus dem Fenster, aber von der Natur davor bekam er nicht viel mit. Auch die bunten Fensterbilder erfreuten ihn nicht. Für ihn war die Welt von einer Sekunde von bunt zu grau und trostlos geworden. Es war noch so unwirklich und doch so nah. Josh wollte eigentlich nur aus diesem Albtraum aufwachen. Er wünschte sich so sehr, dass die Tür aufging und seine Schwester ihn abholen würde. Vielleicht hatte er das alles nur geträumt, sagte er sich immer wieder selbst, nur um dann wieder mit der harten Realität konfrontiert zu werden. Warum nahm ihm das Schicksal alles, was er gehabt hatte? Sein Kopf schmerzte vom vielen Weinen und den Fragen, die ihn auffraßen. So hörte er auch nicht, dass Besuch ins Zimmer gekommen war. 

Colt schlug das Herz gerade bis zum Hals. Ihm tat Joshua so leid und er hatte ihm dieses Leid nicht ersparen können. Seine Handinnenflächen wurden feucht. Schnell versuchte er, die Nässe irgendwie an seiner Jeans abzustreifen. Aber wirklich gelang es nicht. Er ging leise etwas näher, denn er wusste ja nicht, ob Josh schlief. Er wagte es kaum zu atmen und beobachtete einen Moment das Kind. 

 „Der schläft nicht - der tut nur so!“, kommentierte der Junge im Bett am Fenster, als er bemerkte wohin der Besuch steuerte. 

Okay, Colt war vorgewarnt. Als Colt ans Bett trat, zitterte er leicht. Noch nie war ihm so schlecht gewesen wie jetzt. „Hey Kumpel“, sprach er Josh in seiner typischen Art an, wie er es auch sonst immer getan hatte.

Bis dahin hatte sich Joshua noch nicht bewegt oder aufgeblickt.

Joshua überlegte einen Moment. Diese Stimme - er erkannte sie. War es doch vielleicht nur ein böser Traum gewesen und Robin und Colt holten ihn jetzt gemeinsam ab? Der kleine Junge stemmte sich auf die Arme. Ein Stich ging durch seine Wunden. Aber er musste sich jetzt vergewissern. Er sah erst über die Schulter hinweg und erkannte Colt direkt. Dann drehte er sich ruckartig um und verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Die Wunde stach noch ganz schön. Colt sah dies und wollte gerade Josh beim Aufsitzen helfen.

Da bemerkte Josh, dass Robin nicht dabei war und er konnte es deutlich in Colts Gesichtsausdruck lesen: Sie würde auch nie wieder kommen!

Währenddessen hatten die drei übrigen Star Sheriffs auf Besucherstühlen neben dem „Löwenzimmer“ Platz genommen. April hatte das Gefühl, ihren eigenen Herzschlag zu hören. Sie erinnerte sich an den Moment, als ihr Vater ihr damals den Tod ihrer Mutter beibringen musste. Sie fühlte sich gerade wieder wie das kleine 9 jährige Mädchen, für das die Welt von jetzt auf gleich stehen geblieben war. Sie schluckte. Sie ahnte, wie es Joshua gerade gehen musste. Allerdings hatte der Junge noch mehr Schicksalschläge zu verkraften, als sie es damals musste. Sie hatte ihren Vater noch und ohne ihn hätte sie das nicht durchgestanden. Da war sie sich sicher. Er war ihr Halt, ihr Anker, ihr Fels in der Brandung bis heute. Es war nicht leicht gewesen, aber die kleine Familie fand ineinander die Kraft, diese schlimme Zeit durchzustehen. Aber Josh fehlte das gänzlich. Innerlich schwor sie sich für den Bruder ihrer besten Freundin da zu sein und ihn zu unterstützen, so gut sie konnte. Sie war zwar kein direkter Verwandter, aber sie wollte ihm das geben, was ihr möglich war. Irgendwie hatte sie auch das Gefühl, Robin dies schuldig zu sein. 

Fireball starrte vor sich auf den Boden. Auch seine Gedanken kreisten. Er hatte ohne Vater groß werden müssen. Der Held, der die Menschheit vor fast zwei Jahrzehnten gerettet hatte und den er selbst aber gar nicht kannte. Nur von Erzählungen, Berichten und Geschichten. Wie mochte es da einen kleinen Jungen gehen, der alles verloren hatte. Obwohl es Sommer war, fröstelte der Japaner bei dem Gedanken. Währenddessen saß Saber mit verschränkten Armen da und begann gedankenverloren, die Anzahl der Deckenpaneele zu zählen, um diese Wartezeit und die innere Unruhe zu besänftigen. Er spürte wieder einmal, welches Glück ihn begleitete, nie damit konfrontiert gewesen zu sein, dass jemand ihm Nahestendendes plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen worden war. Er kannte es persönlich nicht und dennoch war er so empathisch zu verstehen, wie hart das gerade für ein Kind war. Auch konnte er erahnen, welche Gedankengänge gerade sein Team durchlebte. 

“FASS MICH NICHT AN!“ zischte Josh völlig unerwartet einen zusammen zuckenden Colt an, als ihm bewusst wurde, dass er nicht geträumt hatte. Seine Augen waren rot und geschwollen. Ein Zeichen dafür, dass er viel geweint hatte. Aber inzwischen hatte er keine Kraft mehr zu weinen. Colt wich erschrocken einen Schritt zurück und es fühlte sich an, als ob sein Brustkorb plötzlich wie in einem Schraubstock saß.

Fast panisch sah er den Jungen an. Sofort sah er die Verletztheit, die Enttäuschung und ja auch die Wut in seinen sonst so sanften Augen. 

„WAS WILLST DU HIER! HAU AB!“, fuhr Josh den Cowboy weiter an. Der Junge zog die Augen fest zusammen und funkelte den Star Sheriff an. Josh begann vor Wut zu zittern und ballte die kleinen Fäuste. Der Texaner fühlte sich gerade so, als ob sich der Boden unter seinen Füßen auftat. Sein Herz zerbrach erneut in tausend Teile. „DU WARST NICHT DA! SIE IST TOT!“ schrie er immer lauter und seine Stimme begann zu beben, während er trotz Schmerzen im Arm mit der Faust auf die Matratze schlug. Der Schmerz im Arm übertönte den Schmerz im Herzen des Kindes. Lieber spürte er diesen Schmerz als den Schmerz im Innere.

Auch die anderen beiden Kinder zerriss es regelrecht und sie wagten nichts zu sagen. Auch für sie kam dieser Ausbruch überraschend, auch wenn sie schon den ein oder anderen mit ihm erlebt hatten. Das hier war aber nochmal heftiger. Der blonde Junge drückte nur den Knopf nach den Schwestern. 

Joshua funkelte Colt mit wütenden Augen an. Obwohl Robins Bruder Schmerzen bei den Bewegungen hatte, riss er drohend den Arm nach oben. 

„HAU AB! ICH WILL DICH NIIIIIIIEEEEEEEE WIEDER SEHEN!“, schrie Josh sich heiser aus Leibeskräften, während heiße Tränen über seine Wangen schossen. Er biss den Kiefer fest aufeinander und malte mit den Zähnen. Seine Wunde schmerzte, aber noch mehr schmerzte den Jungen das, was er erlebt hatte. 

Im nächsten Moment wurde auch schon die Tür aufgerissen und die Krankenschwester stürmte mit einer Kollegin herein. Auch vor der Tür hatte man den Wutausbruch bereits hören können. Erschrocken waren Saber, April und Fireball aufgesprungen und eilten hinterher. Sie hatten ja mit viel gerechnet. Aber Joshs Schreien ging auch ihnen durch Mark und Bein.

„ICH HASSE DIIIIICH!“ Josh griff nach seinem Kissen und warf es mit voller Wucht  Richtung Colt, wobei er durch den Schwung fast aus seinem Bett fiel und die Infusion vom Haken riss. 

Colt war wie gelähmt, während die Schwestern an ihm vorbei liefen, nach Josh griffen und ihn vor dem Absturz bewahrten. Während sich die eine um die Infusion kümmerte, blickte die Schwester, die sie vorhin empfangen hatte, zum Texaner. „Sie gehen jetzt besser!“, forderte sie ihn mit eindringlichen Blick auf, ehe sie sich wieder um ihren Patienten kümmerte. “Ja, aber…” begann der Cowboy, verstummte aber in seinem Satz.

Colt war wie erstarrt, als die Schwestern an ihm vorbeieilten und Josh vor dem Absturz bewahrten. Während sich eine um die Infusion kümmerte, warf die Schwester, die sie zuvor empfangen hatte, einen Blick über die Schulter zum Texaner. "Sie sollten jetzt besser gehen!", forderte sie ihn mit einem eindringlichen Blick auf, bevor sie sich wieder ihrem Patienten zuwandte. "Ja, aber..." begann der Cowboy, verstummte jedoch mitten im Satz.

Saber, April und Fireball waren ins Zimmer gekommen und fanden Colt in Schockstarre vor. Josh sprach das aus, vor dem er sich am meisten gefürchtet hatte. Es waren die Vorwürfe, die ihn die ganze Zeit selbst innerlich auffressen. 

Seine Freunde waren an seiner Seite. Beherzt nahmen sie den Cowboy in die Mitte und schoben ihn mit sich aus dem Zimmer. „Komm Colt - das hat jetzt im Moment keinen Sinn. Er braucht Zeit!“, sprach Saber und ruckte seinen Scharfschützen und Freund einmal kräftig durch.  Diesem schürte es den Hals zu und er bekam gefühlt gar keine Luft mehr. Seinen Freunden erging es nicht anders. Auch sie waren völlig überfahren und überfordert mit der Situation. Dazu hatten sie mit so ein harschen Reaktion des Jungen bei weitem nicht gerechnet. 

April blickte hinter sich zu Josh. Noch nie hatte sie den sonst so lieben Jungen so hasserfüllt und aggressiv erlebt. Es gab auch ihr einen tiefen Stich ins Herz. ‚Ach Robin….‘

“ICH HASSE DIIIIICH!“ schrie Josh inbrünstig erneut aus tiefer Kehle Colt hinterher und brach dann schließlich zitternd in den Armen der Krankenschwester zusammen und weinte Tausende von Tränen, die einfach nicht versiegen wollten. 



"Ja ist es denn die Possibility?!" 😉

 
Beitrag veröffentlicht am : 21. Mai 2024 11:28
Natsukawa, Sanny und ManuB reagierten